* 2.1.1893 Kiel
† Spätwinter/Frühjahr 1918 in Flandern
Die Zahl der „Verschollenen und Vergessenen“ ist größer als man es ahnt. Um nur einige Beispiele zu nennen: Wer kennt die Lebensdaten von Paul Boldt, Kurt Striepe, Robert Jentzsch, Hugo Kersten, Paul Hatvani, Josef Tress, Jomar Förste, Walter Ferl, Rudolf Börsch, Hermann Plagge, Heinrich Nowak, Ludwig Bäumer?(1)
Kurt Striepe stammt aus einer Mariner-Familie: Sein Vater Ludwig Wilhelm tritt am 2.2.1882 in die Marine ein. Die Eltern (Mutter: Anna Marie Sophie geb. Leverenz) ziehen mit ihrem Sohn bald nach dessen Geburt von Kiel nach Wilhelmshaven. Dort ist der Vater 1894 als Maschinist in der II. Torpedoabteilung nachgewiesen. Der Vater macht eine für die damalige ungewöhnliche Karriere und steigt bis 1913 zum Marineoberstabsingenieur auf, überwiegend mit Dienstsitz Wilhelmshaven.
Kurt Striepe selbst wird im Jahr 1912 greifbar, als aktiver Gruppenführer im Jugendwanderbund in Hamburg (Anschrift: Weidenallee 4)(2). Von einer seiner Wanderfahrten gibt es einen Fahrtbericht aus seiner Feder vom Sommer desselben Jahres(3).
Aus Striepes Briefen an Walden 1916-1918(4) lässt sich die Haltung eines literarisch dankbar Lernenden deutlich ablesen – wiederholte Male überarbeitet er seine Texte nach Überarbeitungsvorschlägen Waldens. Diese erhält Striepe anlässlich seines einzigen nachgewiesenen Besuchs bei den Waldens (18.6.1916), vor allem aber sind sie ablesbar an den (nicht erhaltenen) Gegenbriefen Waldens. Die Autorität Waldens wird in Formulierungen Striepes wie derjenigen vom 22.6.1916 deutlich, in denen er hofft, „Ihre [Waldens] Anweisungen verstanden zu haben“(5).
Die Briefe Striepes an Walden beinhalten nur zum kleinen Teil Ausführungen zum Krieg(6); ein etwas höherer Anteil beschäftigt sich mit Striepes Dichtungen und deren Veröffentlichungen im „Sturm“ sowie dem Wohl des „Sturm“ und Striepes Anteil daran(7), der größte schließlich mit der Versorgung der Waldens in das hungernde Berlin mit Lebensmitteln aus der Etappe in der zweiten Jahreshälfte 1917.
Der letzte Feldpostbrief Striepes an Walden datiert vom 14.2.1918(8). Bald danach fällt Striepe an der Flandernfront.
In der BBZ wird am 30.4.1918 für den Folgetag ein Sturm-Abend angekündigt, an dem Dichtungen u.a. der beiden „vor einigen Tagen in Flandern gefallen[en]“ Wilhelm Runge und Kurt Striepe von Rudolf Blümner vorgetragen werden(9). Zwischen diesen beiden Daten liegt der Todestag Striepes, der nicht bekannt ist(10).
Die geplante Hochzeit Striepes mit seiner Braut Elsa Grund aus Parchim dürfte nicht mehr stattgefunden haben; das in Arbeit befindliche Drama „Schlacht“ dürfte nicht mehr zum Abschluss gekommen sein; das Manuskript ist verschollen.
Anmerkungen:
- Paul Pörtner: Literatur-Revolution 1910-1925. Neuwied a. Rh., Berlin-Spandau: Luchterhand 1960, S. 17 ↩︎
- vgl. Hamburger Anzeiger 13.4.1912. Nr. 86, S. 6 ↩︎
- Eine Fahrt durch Deutschlands Gauen; in: Neue Hamburger Zeitung 3.8.1912. Nr. 361. 4. Beilage, S. 1f ↩︎
- Staatsbibliothek Berlin Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Handschriftenabteilung.
Sturm-Archiv I. Signatur: Sturm-Archiv I, Striepe, Kurt ↩︎ - Staatsbibliothek zu Berlin. Handschriftenabteilung. Sturm-Archiv I; Signatur:
Sturm-Archiv I, Striepe, Kurt, Bl. 5 ↩︎ - Eine Rolle spielen Striepes Verletzungen und Lazarettaufenthalte sowie sein Weg vom einfachen Soldaten zum Vizefeldwebel und Offiziersanwärter. Nur ganz selten kommt das Grauen des Krieges zum Ausdruck: „Einliegend ein Manuscript. Hoffentlich eignet es sich für den „Sturm“. Ich schrieb es während eines 54stündigen Trommelfeuers in der Sommeschlacht. Ein Grauen, das ich erlebte – von dem ich nicht weiß, was es ist. Das in mir hockt – nach meinen Nerven greift + grinst und wühlt. Ich bin wie im Traum.“ Feldpostbrief vom 18.8.1916. Staatsbibliothek zu Berlin. Handschriftenabteilung. Sturm-Archiv I; Signatur: Sturm-Archiv I, Striepe, Kurt, Bl. 7. ↩︎
- Immer wieder geht es in den Briefen um eingesandte eigene Dichtungen (vor allem die „Maya“-Briefe). Striepe bindet sich fest in das „Sturm“-Imperium ein: Er plant, Mitglied des „Vereins für Kunst“ zu werden (November 1916) und tritt dem „Verein Sturmbühne“ bei (September 1917). Er nimmt darüber hinaus regen Anteil an den Hamburger Aktivitäten des „Sturm“ und bietet Walden wiederholte Male an, sich nach Kriegsende vor allem in Hamburg aktiv in das „Sturm“-Werk einbinden zu lassen. ↩︎
- Staatsbibliothek zu Berlin. Handschriftenabteilung; Sturm-Archiv I; Signatur: Sturm-Archiv I, Striepe, Kurt, Bl. 38 ↩︎
- BBZ 30.4.1918. Nr. 199, S. 5 ↩︎
- Die Verlustliste mit der undatierten Todesmeldung erscheint noch wesentlich später: Ausg. 1953 vom 15.6.1918, S. 24322 ↩︎