* 28.7.1902 in Czernowitz
† Oktober 1980 in Westminster (heute Teil von Greater London)
Berufsausbildung und Beruf: nach eigenen Angaben(1) studiert Rubin zunächst an der Kunstgewerbeschule in Wien(2), danach an einer Privatkunstschule in Berlin.
Seit 1926 ist er als Reklamefachmann und Reklamezeichner in Wien selbständig tätig. „Ich habe zahlreiche angegebene Fabriken, Händler u. Kaufleute in allen Fragen der Reklame beraten u. selbständig Propagandasektion durchgeführt.“(3). Seit den frühen 20er Jahren ist er in der Kommunistischen Partei organisiert und für sie tätig(4).
1923 kündigt der „Sturm“ eine Einzelausstellung Rubins im „Sturm“ für November d.J. als 125. Ausstellung der Galerie(5, 6) an, vermutlich im Zusammenhang mit dem Studium an der o.g. Privatkunstschule in Berlin. Rubin stellt im „Sturm“ dann allerdings erst gut zwei Jahre später (147. Ausstellung im Dezember 1925) im Rahmen einer Gruppen-Ausstellung aus(7).
1930 bis 1939 ist Rubin in Wien nachgewiesen; er ist Mitglied der israelitischen Kultusgemeinde Wien und aktiv in der Mittelstandsfürsorge für jüdische geistige Arbeiter. Er bezeichnet sich als Reklamefachmann und Reklamezeichner, Spezialist für Prospekte, Plakate, Inserate, Messekojen und Schaufenster vom Entwurf bis zur Fertigstellung sowie als Fotomonteur.
Zuletzt nachgewiesen (1938) ist Rubin in der Pfeilgasse 35 in Wien, zusammen mit der Kunstgewerblerin Ilse Neufeld, geboren am 2. September 1900 in Halle/Saale(8), mit der er zusammen lebt.
Fast unmittelbar nach dem sog. „Anschluss“ Österreichs im März 1938 (seit April 1938) hat Rubin keine Beschäftigung mehr und lebt ohne Einkommen, da die bestehenden Arbeitsverträge gekündigt wurden.
Eine weitere Folge des „Anschlusses“ ist die Aberkennung der Staatsbürgerschaft(9), in deren Folge er als staatenlos gilt.
Ein Versuch, nach Irland zu emigrieren, scheitert bereits im Vorfeld(10); erfolgreich ist 1939 dann die Emigration nach Großbritannien, die Rubin wie zahlreichen weiteren jüdischen Flüchtlingen noch kurz vor Ausbruch des II. Weltkriegs gelingt(11). Er landet mit dem Motorschiff Mado zunächst auf der Isle of Wight, vermutlich also mit vorheriger Durchreise durch / Zwischenaufenthalt in Frankreich.
Als Staatenloser begegnet Rubin auch presseöffentlich der Fremdenfeindlichkeit der Engländer(12).
Rubins Partnerin Ilse Neufeld ist 1939 (als Ilse Neufield [!]) zunächst allein in Brentford and Chiswick (damals zu Middlesex gehörig; heute Greater London) nachgewiesen; im Oktober 1939 heiratet das Paar in Westminster (damals zu Middlesex gehörig; heute Greater London).
Moritz Rubin lebt bis Oktober 1980 in Westminster; Ilse überlebt ihn um 10 Jahre und stirbt im April 1990 in Camden. Beide sind nicht nach Österreich bzw. Deutschland zurückgekehrt.
Anmerkungen:
- In der Israelitischen Kultusgemeinde Wien wird Moritz Rubins Auswanderungsfragebogen von 1938 aufbewahrt (Archiv IKG Wien, Bestand Jerusalem, A/W 2589,15), dem ein nennenswerter Teil der hier publizierten Informationen entnommen ist. ↩︎
- In der Matrikel ist allerdings kein Nachweis vorhanden. ↩︎
- Auswanderungsfragenbogen; vgl. (1) ↩︎
- Die Rote Fahne. Wien. 31.8.1923, S. 4 ↩︎
- Der Sturm Jg. 14. 1923. Nr. 10 von Oktober 1925, Umschlag S. 3 ↩︎
- Der Katalog zur 125. Ausstellung nennt als neuen Termin für eine Rubin-Ausstellung Dezember 1925 (126. Ausstellung); aber auch hier kommt die Ausstellung nicht zustande. ↩︎
- Zusammen mit Pierre Flouquet, Hildegard Kreß [handbemalte Stoffe], Josef Ries, Hermann Seewald, Gertrud Stemmler; Spitzen der Forkelschen Arbeitsgemeinschaft; Sturm-Gesamtschau.
Eine Einladungskarte für diese Ausstellung befindet sich im Katherine Dreier Archive (dort: YCAL MSS 101 Box 33) in der Beinecke Rare Book & Manuscript Library, Yale University ↩︎ - Ilse Neufelds Arbeitsgebiet sind Metall- u. Emailschmuck, Entwürfe für Modelle auf dem Gebiete der kunstgewerblichen Mode; Stoffmalerei und Stoffdruck; vgl.:
Leopold Wolfgang Rochowanski: Ein Führer durch das österreichische Kunstgewerbe – Les Arts Decoratifs Autrichiens – Austrian Applied Arts
Leipzig, Wien u. Troppau: Heinz & Comp. 1930, S. 228 [dort: Schmuckkassette] ↩︎ - https://www.wien.gv.at/verwaltung/restitution/vermoegen/bildung.html ↩︎
- Siobhán O’Connor: Irish Government Policy and Public Opinion towards German-Speaking Refugees, 1933-1943. Newcastle upon Tyne: Cambridge Scholars Publishing, 2017. S. 83 ↩︎
- „There were about 70,000 Jewish refugees who were accepted into Britain by the start of World War II on 1 September 1939, and an additional 10,000 people who made it to Britain during the war.“ https://en.wikipedia.org/wiki/Jewish_refugees_from_German-occupied_Europe_in_the_United_Kingdom ↩︎
- „Aliens pouring in …aliens, described as of uncertain nationality, pleaded guilty to landing at Newport, Isle of Wight, without leave. The men, Moritz Rubin, aged 36, an artist; Walter Fantel, 36, bank official; and Wilhelm Kraus, 28, a chauffeur and waiter; …Daily Herald, 4.7.1939 (am selben Tag fast textidentisch unter ähnlichen Titeln auch im Daily Mirror und im Dundee Evening Telegraph; tags zuvor, am 3.7.1939, bereits im Evening Standard). ↩︎