Pinsky, Chammay/Sham[m]ai

* 15.11.1882 in Hornostai[j]pil [Горностайпіль] im Norden der ukrainischen Oblast Kiew; heute Ukraine.
† 22.8.1941 in Jerusalem

Pinsky wächst in einem chassidischen Haus auf und wird früh zum Studium an die Woloschin-Jeschiwa [Waloschyn; Валожын; heute in Belarus] geschickt. Einer vom Vater arrangierten ersten Ehe mit der Tochter eines Metzgers in Slobodka bei Kiew entstammen zwei Kinder. Pinsky verlässt seine Familie bald nach 1900, geht nach Odessa und gibt das gelehrte jüdische Leben zugunsten eines weltlichen auf. Er entscheidet sich für ein Studium im Ausland und zieht weiter nach Berlin. Dort ist er spätestens 1909 nachgewiesen als Übersetzer von Gedichten Else Lasker-Schülers ins Hebräische.
Ende Oktober 1910 geht er eine zweite Ehe mit Beatrice Fernbach (* 24.7.1885 in Berlin) in London ein. Dieser Ehe entstammen zwei Kinder (Ija Pinski, * Berlin 18.2.1911; † London, 5.7.1929; David Wolfgang Pinski, * London (?) 10.12.1921, lebte in Palästina(1)).
1914 verlässt Pinsky mit Kriegsausbruch Berlin und begibt sich über Antwerpen(2) nach London. Die Verbindung zu Else Lasker-Schüler (ELS) reißt für mehrere Jahrzehnte ab; ELS erkundigt sich aber bis in die 20er Jahre hinein bei Freunden nach seinem Verbleib(3) und steht in den gemeinsamen Jahren in Jerusalem (nach 1939) dann sowohl mit Shammai als auch mit dessen Sohn David in Kontakt(4).
Pinsky ist schon früh, seit dem ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts, ein glühender Verfechter des Zionismus (erste nachgewiesene Veröffentlichungen in Broschürenform und in Zeitungen/Zeitschriften, vor allem auf Jiddisch). Als am 24.12.1920 in London auf dem Zionistischen Weltkongress die Organisation Keren Hayesod(5) gegründet wird, ist Pinsky einer der frühen aktiven Mitarbeiter.
Pinsky lebt mit Unterbrechungen bis 1939 in London, von wo er seiner internationalen Tätigkeit für Keren Hayesod, besonders in Bessarabien, nachgeht. 1936 wird er nach dem Weggang Itzchak Bergers der Keren Hayesod-Verantwortliche für Bessarabien(6). In dieser Funktion arbeitet er offiziell bis 1939, muss allerdings als Ausländer bereits 1938 Rumänien aufgrund von Reisebeschränkungen verlassen. Von 1939 bis zu seinem Tod lebt er in Jerusalem.
Pinsky arbeitet seit dem ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts an zahlreichen hebräischen und jiddischen Zeitschriften mit (Einzelbeiträge nicht ermittelt); sicher nachweisbar sind Gedichte in „HaMe’orer“ [“Der Erwecker“], 1906/07 in London herausgegeben von Josef Chaim Brenner, sowie in „Haolam“ [„Die Welt“], ab 1919 herausgegeben von Moshe Kleinmann.

Die Beiträge im 1. Jahrgang des „Sturm“ (1910/11) sind die einzigen auf Deutsch nachweisbaren. Arnold hält sie neben den Gedichten Zechs für die prägenden lyrischen Beiträge im frühen „Sturm“(7).

Pinsky um 1910/11. Herkunft unbekannt.
Bildquelle: https://www.nli.org.il/en/archives/NNL_ARCHIVE_AL002783323/NLI

Selbstständige Veröffentlichungen:

  • Der tsent [Jiddisch; Der Zehnte]. Warschau 1901. 31 S. 8°(8)
  • Yeme ha-neʻurim: sefer temunot: le-vate sefer ule-vate av: ʻim shirim [„Tage der Jugend. Ein Bilderbuch für Schule und Zuhause“; mit Liedern. Pappbilderbuch mit Gedichten auf Hebräisch und Illustrationen]. Varshe: Ahisefer, o.J. [um 1910] https://www.loc.gov/rr/amed/pdf/illustrated-childrens-books-and-periodicals-in-hebrew-and-yiddish-1900-1929.pdf
  • Der mayśer [Jiddisch; „Der Zehnte“]. London: Hoypṭburo funm Ḳeren-ha-yesod, 1921 (?). 23 S.
  • Halutsim [Jiddisch; „Pioniere“]. London: Aroysgegeben fun dem hoyfbyuro fun’m Keren ha-yesod, 1922]. 32 S. http://hollanderbooks.blogspot.com/2014/11/yiddish-literature-and-world-literature.html
  • [posthum:] I ha-zahav: shirim [Hebräisch; „Goldene Insel: Lieder“]; maʼamar biyografyah me-et Asher Bailin; zikhronot ṿeha-ʻarakhah me-et Yiśraʼel Zemorah [biografischer Text von Asher Beilin; Erinnerungen und Würdigung von Israel Zmora]. Yerushalayim: Hotsaʼat ḥaverim, 707 [1947]. 212 S.

Herausgebertätigkeit:

  • Asher Beilin; Shelomoh Goldenberg; Shammai Pinsky: lyyim [„Die Inseln“]. kovatsim le-ʻinyane ha-ḥayim, sifrut u-madaʻ [Ein hebräisches Jahrbuch für Leben, Literatur und Wissenschaft]. Bd. 1 [mehr nicht erschienen]. London: Ha-sefer, sokhnut difrutit, 1927. 504 S.

Quellen:

Anmerkungen:

  1. LBI [Leo Baeck Institute] Non-indexed Items. James Bennett Collection. 6, 118
    https://archive.org/details/jamesbennettb001f009/page/n97/mode/2up ↩︎
  2. Beatrice Fernbachs Eltern geben unmittelbar nach Kriegsbeginn eine Suchanzeige ↩︎
  3. Briefe an Hugo Bergmann vom 8.4.1920 und von Anfang Oktober 1923; in: Else Lasker-Schüler: Briefe 1914-1924. Frankfurt a.M.: Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, 2004. S. 182 u. 293 ↩︎
  4. Else Lasker-Schüler: Briefe 1937-1940. Frankfurt a.M.: Jüdischer Verlag im Suhrkamp, 2009.
    Die Zentralbibliothek Zürich hat jüngst (2019) einen Brief von ELS an Shammai Pinsky aus der Zeit um 1940 erworben. ↩︎
  5. Keren Hayesod ist seit der Gründung die zentrale Organisation der Spendensammlung für wohltätige Projekte in Palästina bzw. heute in Israel ↩︎
  6. „…one of the important workers at the Zionist Federation in London. He was famous in the Regat because he knew how to captivate the audience with his language skills and style of his lectures“; in:
    The Jews in Bessarabia; Between the World Wars 1914-1940. Edited by: David Vinitzky. Jerusalem-Tel Aviv, 1973. S. 12w1-129 passim; https://www.jewishgen.org/yizkor/Bessarabia01/bes121.html ↩︎
  7. „Die Gedichte von Chammay Pinsky erscheinen deshalb erwähnenswert, weil sie einen Ton anschlagen, der erst später im STURM mit den Gedichten Kurt Heynickes, Wilhelm Runges u.a. ausgeprägt wiederkehren sollte. Pinsky schreibt Liebesgesänge, in denen das Erlebnis der Liebe aus seiner Gebundenheit an Raum und Zeit gelöst und in eine Unendlichkeit, in ein Absolutum erhöht wird.“ (Sven Arnold: Das Spektrum des literarischen Expressionismus in den Zeitschriften in den Zeitschriften „Der Sturm“ und „Die Weissen Blätter“. Frankfurt a.M. [u.a.]: Lang, 1998. S. 49) ↩︎
  8. Alle jiddischen und hebräischen Titel sind in lateinische Schriftzeichen transliteriert. ↩︎

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