Erdmann, Valeska

geboren als Gertrud Paula Wally Kieseler

Valeska Erdmann im Dezember 1934

* 16.4.1902 in Berlin
† 11.10.1962 in Potsdam

Eltern:
Vater: Ernst August Paul Kieseler, geboren am 2. Februar 1875 in Bernau bei Berlin; gestorben am 8. Juli 1952 in Köln.

Mutter: Pauline Littmann (verwitwete Kind), geboren am 4. März 1862 in Schwiebedawe (heute Świebodów), Kreis Militsch (heute Milicz); gestorben am 8. September 1918 in Berlin.

Gut ein Jahrzehnt stand Valeska Erdmann im wahrsten Sinne des Wortes im Auge des „Sturms“; so erlebte sie auch das turbulente Ende von Herwarth Waldens Kunstimperium und dessen Epoche prägender Zeitschrift mit, welche sie während zweier Jahre als Schriftleiterin mitverantwortete.

Über die Kindheits- und Jugendjahre von Valeska Erdmann ist leider nur noch wenig zu ermitteln; geboren wurde sie am 16. April 1902 in Berlin als Gertrud Paula Wally Kieseler(1). Der Vater Paul Kiesler arbeitete anfänglich als Maschinist und Telegrafenarbeiter, später stieg er zum Magistratsbeamten auf. Die Mutter Pauline Littmann (verwitwete Kind) war erst als Hausmädchen tätig, sie blieb später ohne Beruf. Wally Kieseler hatte eine drei Jahre ältere Schwester, Emma Martha Ella Kieseler (1899-1957), die sich später Ellinor nennen wird. Aus der ersten Ehe der Mutter mit Friedrich August Kind (1862-1893), stammten zwei ältere Halbgeschwister, die jedoch bereits im Säuglingsalter verstarben. Valeska Kieseler wuchs in Berlin Schöneberg auf; bis 1908 lebte die Familie an der Dennewitzstrasse 30, ab 1909 bis 1912 an der Culmstrasse 19, danach an der Culmstrasse 22(2).

Wie der Kontakt zu Herwarth Walden zustande kam, ist nicht mehr abschließend zu klären, ob dies allenfalls mit Waldens Vorliebe für junge Frauen zu tun hatte bleibt Spekulation. Die Wohnung der Familie Kieseler an der Culmstrasse 22 lag jedoch in Gehdistanz zu den Geschäftsräumen des „Sturm“ an der Potsdamer Strasse 134a. Dass Valeska Kieseler schon früh in ihrem Leben in Kontakt mit dem „Sturm“ trat, ist auf jeden Fall belegbar; denn bereits als 16-Jährige, im Mai 1918, schreibt sie sich im Gästebuch der Waldens ein(3). Dies ist insofern erstaunlich, da im Gästebuch sonst, bis auf wenige Ausnahmen, nur Persönlichkeiten aus dem Kulturleben oder gehobener Gesellschaftsschichten vertreten waren. Es handelt sich bei diesem Eintrag auch um die erste nachweisbare Verwendung des Vornamens „Valeska“, der nicht dem Taufnamen „Wally“ entsprach, was dann in späteren Dokumenten für Verwirrung sorgen sollte. Im September 1918 stirbt die Mutter von Valeska und Ella Kieseler im Friedrich-Wilhelm-Hospital zu Berlin; der Vater Paul Kieseler ehelicht bereits im Dezember desselben Jahres die Kontoristin Gertrud Frosch (1894-1980). Obwohl der Bildungsweg von Valeska Kieseler nicht mehr nachzuvollziehen ist, absolvierte sie wohl eine Ausbildung zur Stenotypistin. Dieser Beruf war einer der ersten im Angestelltenstatus, der jungen Frauen nach 1918 offenstand.

Dies lässt sich auch daraus schliessen, dass Herwarth Walden 1920 zwei Stellen im Berliner Tagblatt ausschreibt; einerseits sucht er im Februar eine „perfekte Stenotypistin“ und im September eine „junge Stenotypistin“(4) und „Ausstellungssekretärin“(5). Es ist davon auszugehen, dass Valeska Kieseler eine dieser beiden Stellen antritt; der Kontakt zu Walden hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Bestand. Dies bestätigt sich auch dadurch, dass sich im Nachlass der Kunstmäzenin und Sammlerin Katherine S. Dreier(6) zwei Schreiben des „Verlags Der Sturm“ vom 31. März und 15. Mai 1921 finden, die mit dem Nachnamen Kieseler gezeichnet sind.

Vermutlich begegnet Valeska Kieseler zu dieser Zeit dem Dortmunder Kaufmann und Abteilungsleiter Gustav Erdmann (1897-1955). Wohl der Liebe wegen begibt sich Valeska Kieseler im September 1921 vorübergehend nach Dortmund und lebt dort an der Stiftstrasse 1½(7). Im August(8) und September(9) sucht sie per Zeitungsannoncen für einige Tagesstunden eine Anstellung als Stenotypistin, bevor sie am 7. Januar 1922 Gustav Erdmann in Dortmund ehelicht(10). Im Eheregister wird Valeska Erdmann als „Büroinhaberin“ geführt; ob diese Selbständigkeit von Erfolg gekrönt war, darf allerdings bezweifelt werden. Es ist indes auch nicht zu belegen, ob sie ihre Tätigkeit im „Sturm“ in dieser Zeit beibehielt oder völlig niederlegte.

Wann und warum das Ehepaar Erdmann nach Berlin zurückkehrte ist nicht zu ermitteln; jedoch unterzeichnet Valeska Erdmann im Mai 1925 ein Schreiben des „Sturm“ an den Bühnenmaler und „Sturm-Künstler“ Sascha Wiederhold(11), und im September 1925 sendet sie gemeinsam mit dem expressionistischen Maler Arnold Topp eine Postkarte aus Berlin an den Malerkollegen Fritz Stuckenberg(12). Es ist daher davon auszugehen, dass sie um 1925 ihre Tätigkeit für Herwarth Walden wieder vollständig aufnimmt. Ab 1926 zeichnet sie schliesslich verschiedentlich Briefe Waldens als dessen Privatsekretärin und auch im Namen des Verlags „Der Sturm“.

Die finanzielle Situation von Valeska Erdmann dürfte während ihrer Tätigkeit für Walden meist prekär gewesen sein; davon zeugen eindrücklich zwei Schreiben an Katherine S. Dreier vom Februar und April 1927. In den Briefen fragt Valeska Erdmann nach einem persönlichen Exemplar des Katalogs der „International Exhibition of Modern Art – Assembled by the Société Anonyme“(13), das sie erwerben möchte. Der Katalog und die Rechnung von 40 Mark folgten im März. Valeska Erdmann meldet sich im April 1927 entschuldigend bei Katherine S. Dreier: „Ich danke Ihnen für die Zusendung des Kataloges. Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass ich den Katalog nicht behalten kann, da er soviel (sic!) kostet, wie etwa die Hälfte meines Gehaltes beträgt“.(14) Auf die augenscheinlich prekäre finanzielle Lage soll später noch einmal eingegangen werden. Zumindest innerhalb von Waldens Imperium steigt sie mit der Juliausgabe 1928 zur Schriftleiterin des „Sturms“ auf, eine Tätigkeit, die sie bis im Dezember 1930 innehaben wird.

Allerdings sind die nun folgenden Jahre für Walden und sein Umfeld primär durch große politische, finanzielle und persönliche Umwälzungen gekennzeichnet, die schließlich zum Ende des „Sturm“ und seiner sämtlichen Tätigkeiten führen. In den Briefen Waldens und Valeska Erdmanns an Ihre Vorgängerin Eva Weinwurzel (ab 1930 verh. Spector) (1899-1994)(15) findet diese turbulente Zeit eindrücklich ihren Niederschlag. So berichtet Walden im August 1928:

„Wie ich zurückkam, waren unsere Räume bereits vermietet. Wir mussten bis 25. August räumen. (…) Jedenfalls eröffne ich die Ausstellung nicht mehr; werde versuchen, den Verlag formal offenzuhalten. Wahrscheinlich bei Frau Erdmann“.(16)

Valeska Erdmann selbst schildert die Zustände beim „Sturm“ wie folgt:
„Ja, was sich inzwischen alles ereignet hat! Wir hätten doch eine Chronik schreiben müssen. Walden kam am 10. August zurück und am 11. eröffnete Engel uns, dass wir rausmüssen bis zum 1.9. (…) Was dann kam, kann ich Ihnen gar nicht schildern. Diese Konferenzen, was zu tun sei, diese Sucherei nach Räumen, dann nach Kellern, dann wurde wieder alles umgestoßen und neue Pläne gefasst, ich kann Ihnen sagen, es war einfach grauenhaft“.(17)

Innerhalb weniger Monate musste der „Sturm, oder was davon übrigblieb, nun mehrmals umziehen, erst von der angestammten Adresse an der Potsdamer Strasse 134a an den Kurfürstendamm 53, kurz danach an den Kurfürstendamm 173. Valeska Erdmann sucht in dieser Zeit ebenfalls eine neue Bleibe; so findet sich im November 1928 im Berliner Tagblatt folgende Annonce: „Berufstätige junge Dame sucht Westen helles, grosses Zimmer, Bad, Telephon. Angebote Sturmverlag, Kurfürstendamm 53“.(18) Diese Wohnungssuche bleibt vorerst ohne Erfolg, so leben Valeska Erdmann und vermutlich auch ihr Ehemann weiterhin in den Geschäftsräumen des „Sturm“: „Wir wohnen sehr beschränkt. Ein einziges Zimmer haben wir. Walden hat augenblicklich noch hinten ein kleines Zimmer.“(19) Dass Valeska Erdmann, wie bereits erwähnt, in einer finanziell äusserst prekären Lage und wohl zu großen Teil von den Einkünften ihres Mannes abhängig war, schildert sie in einem weiteren Schreiben an Eva Weinwurzel:

„Hier im Sturm – es ist wahrhaftig nichts zu sagen. Wenn Sie jetzt kämen, dann würden Sie die gleiche Situation wie immer vorfinden. Kein Geld, Walden mit abgenommenen Kneifer stöhnend. Ich glaube, Sie sind schon im Bilde. (…) Ich selbst kein Geld seit Juni 1929. Mieten auch rückständig, wenn auch nicht in solchen Massen. Sonst nichts“.(20)

Walden berichtet im Sommer 1930: „Mir geht es unverändert pekuniär miserabel. Der Sturm nebst Frau Erdmann (bis Ende des Monats auf Urlaub) ist noch an derselben Stelle. Aber ganz unsicher, wie lange noch?“.(21)

Innerhalb eines Jahres folgen weitere Umzüge, erst an die Bayreuther Strasse im Mai 1931 und schliesslich an die letzte offizielle Anschrift des „Sturms“, die Gutsmuthsstrasse 10 in Berlin-Friedenau. Im letzten erhaltenen Brief Valeska Erdmanns an die inzwischen verheiratete Eva Spector vom September 1931, beschreibt erstere noch einmal eindringlich die herrschenden Zustände:
„Ich mache den Kram hier allein. Es ist natürlich so gut wie nichts zu tun und es wäre ein Jammer, wenn wir dafür noch Büroräume bezahlen müssten. Wenn wir eine Zeit den Sturm ohne jede Unkosten gehalten haben, vielleicht geht es dann, dass wir wieder etwas mieten können. Aber die Zeiten sind hier so unglaublich, dass man sich noch keine Pläne machen kann“.(22)

Gleichwohl ist Valeska Erdmann noch hoffnungsvoll, dass es für den „Sturm“ eine Zukunft geben könnte: „Ich möchte sehr gern ein Sturmheft herausgeben, weiss nur nicht wie. Habe schon versucht, im Ausland angefragt wegen eines Sonderheftes“.(23) So versuchte Valeska Erdmann offenbar über ihr bestehendes Netzwerk zu Kunstschaffenden im In- und Ausland, den „Sturm“ in irgendeiner Form weiterzuführen. Dass sie auch über die berufliche Ebene hinaus persönliche Kontakte zu Kunstschaffenden, die dem „Sturm“ verbunden waren, pflegte, ist zwar nicht eindeutig zu belegen, es ist aber zumindest nicht auszuschließen. So war der bereits erwähnte Maler und Bühnenarchitekt Sascha Wiederhold beispielsweise neben Valeska Erdmann Trauzeuge bei der Heirat von deren Schwester Ella (später Ellinor), als diese 1931 den Kaufmann Hugo Puscher (1889-1943) ehelichte(24).

Den Untergang des „Sturms“ konnte Valeska Erdmann nicht mehr verhindern, ebenso wenig ihre Pläne zu einer allfälligen Weiterführung umsetzen. Zwar erschienen 1932 noch drei Nummern des „Sturm“ unter der Schriftleitung von André von Kún, es handelte sich dabei aber um eine Zusammenlegung des „Sturm“ mit der Zeitschrift „Der Durchbruch“. Letztere war das offizielle Organ der Anti-Tuberkulose-Liga Sektion Deutschland, das sich vor allem der Bekämpfung der Tuberkulose widmete und eher beiläufig Texte von expressionistischen Schriftstellerinnen und Schriftstellern enthielt. Walden fungierte zu jener Zeit als Generalsekretär der Anti-Tuberkulose-Liga. Eine Tätigkeit, welche sich wohl vor allem vor dem Hintergrund des Todes seiner dritten Ehefrau Emilija Fischman (Mila Walden) im Oktober 1931 verstehen lässt(25). Am treffendsten beschrieb Walden die sich finanziell, persönlich und politische zuspitzende Situation vermutlich 1932 in einer Karte an Eva Weinwurzel: „Hier nur Untergang“.(26)

Umso erstaunlicher dürfte es anmuten, dass Valeska Erdmann sich mit der rasant ändernden politischen Situation in Deutschland, die maßgeblichen Einfluss auf ihre berufliche Tätigkeit hatte, offenbar schnell abfand:
Bereits am 1. Mai 1932 tritt sie mit der Mitgliedernummer 1145920 der NSDAP bei(27), nur gut einen Monat bevor Herwarth Walden Deutschland endgültig verlässt. Ob es sich dabei um blossen Opportunismus oder eine tatsächliche politische Überzeugung handelte, ist nicht mehr nachzuvollziehen. Dass Valeska Erdmann in diesen Jahren des Umbruchs, wie erwähnt, in prekären Verhältnissen lebte, ist eindrücklich dokumentiert. Ob die Ungewissheiten und die Zeiten des politischen Umbruchs letztlich auch zum Zerwürfnis mit ihrem Ehemann und Walden führten ist ungewiss. Die Ehe mit Gustav Erdmann wird nach rund zehn Jahren am 14. November 1932 geschieden. Im selben Jahr verlässt der Vater von Valeska Erdmann Berlin, vermutlich Richtung Niederlehme im damaligen Kreis Beeskow(28).

Mit dem Ende des „Sturm“ und Waldens Emigration nach Russland endet Valeska Erdmanns Zeit am Puls der unter den neuen Machthabern verfemten künstlerischen Avantgarde endgültig. Belegt ist durch zahlreiche Schriftstücke, dass Valeska Erdmann wohl bereits unter Herwarth Walden das Sekretariat des Deutschen P.E.N.-Club leitete und diese Tätigkeit auch nach Waldens erzwungener Demissionierung und der Gleichschaltung des P.E.N.-Club unter der nationalsozialistischen Diktatur weiterführte. 1934 wird der P.E.N.-Club unter den neuen Machthabern in „Union Nationaler Schriftsteller (U.N.S.)“ umbenannt und verbleibt vorerstin den ehemaligen Geschäftsräumen des „Sturm“ an der Gutsmuthsstrasse 10 in Berlin-Friedenau(29).

Eine besondere Ironie der Geschichte ist wohl, dass gut 20 Jahre nach dessen Triumphzug im Rahmen von Waldens Futuristen- Ausstellung 1912 Filippo Tommaso Marinetti auf Einladung der U.N.S. unter völlig anderen Vorzeichen nach Berlin zurückkehrte und Gottfried Benn, dessen früher Förderer Walden war, am 29. März 1934 eine Rede auf Marinetti hielt(30). Ob Valeska Erdmann der Veranstaltung beiwohnte, ist nicht nachzuweisen. Indes hatte sie wahrscheinlich durchaus einen professionellen und persönlichen Bezug zu Benn, zumindest ist neben der Tätigkeit für die U.N.S. auch ein persönliches Treffen vom 25. Mai 1934 nachgewiesen(31). Die U.N.S. verlor im Dritten Reich sehr schnell an Bedeutung und ihre nachweisbaren Tätigkeiten erloschen bereits um das Jahr 1937. Das Generalsekretariat der Union Nationaler Schriftsteller wird letztmals im Deutschen Literatur-Kalender auf das Jahr 1937/38 unter der Adresse Odenwaldstrasse 12 Berlin verzeichnet(32). An dieser Adresse findet sich auch Valeska Erdmanns Privatadresse im Berliner Adressbuch des Jahrs 1937(33). Trotz dieses beruflichen Endpunktes im kulturellen Bereich fand Valeska Erdmann wohl 1937 zumindest ihr persönliches Glück: Auf der NSDAP-Karteikarte Valeska Erdmanns wird im Januar 1938 noch ein letzter Ortswechsel innerhalb von Berlin vermerkt, als Adresse wurde neu die Potsdamer Strasse 63 eingetragen.

Am 21. April 1938 heiratet sie in Berlin den Kaufmann und späteren Obersteuerinspektor Walter Kalt (1903-1982)(34). Mit der Heirat wurde in der NSDAP-Kartei auch der bisherige Berufstand „Sekretärin“ durch „Ehefrau“ ersetzt. Die Tätigkeit ihres Mannes im gehobenen Staatsdienst bot offenbar auch ihr ein relativ sicheres Auskommen. Obwohl 1938 noch die Wohnadresse Potsdamer Strasse 63 angegeben ist, dürfte das Ehepaar Kalt bereits kurz vor der Heirat einen Umzug in die Brandenburgische Provinz geplant haben. Zumindest stammten bereits bei der Eheschliessung in Berlin die Trauzeugen aus der Gemeinde Deetz, die heute einen Ortsteil der Gemeinde Gross Kreutz (Havel) bildet. Walter Kalt wurde vermutlich im März 1937 als Obersteuerinspektor der Sektion Gauleitung im Gau Kurmark zugeteilt. Gegen Ende des Krieges wird er noch zum Kriegsdienst eingezogen und gerät am 12. April 1945 bei Lindlar in amerikanische Kriegsgefangenschaft(35). Gemäß Auskunft des Heimatvereins Deetz dürfte Walter Kalt nach seiner Entlassung aus der Gefangenschaft noch längere Jahre in der Finanzverwaltung der Gemeinde Deetz tätig gewesen sein. Valeska Kalt und ihr Ehemann bewohnten während dieser Jahre ein Haus an der Schmergower Strasse 8 in Deetz. Darüber, wie sich das spätere Leben Valeska Kalts zwischen dem Kriegsende und ihrem Tod gestaltete, ist leider nichts überliefert, auch in Nachlässen von Kunstschaffenden, die zu Zeiten des „Sturm“ in Kontakt zu Valeska Erdmann standen, finden sich keine Spuren für die Zeit nach 1937. Offenbar sprach sie auch innerhalb der Familie nicht über ihre Zeit mit Walden und dem „Sturm“. Ihr Neffe erinnerte sich überdies nur vage an eine „Tante Ly“, ein Bezug zur Kunst war ihm nicht bekannt. Durch die Teilung Deutschlands war der Kontakt für die im Westen lebende Familie des Bruders von Walter Kalt zudem wesentlich erschwert.

Am 11. Oktober 1962 stirbt Valeska Kalt mit 60 Jahren an einem akuten Lungenleiden mit Verdacht auf Lungenkrebs im Krankenhaus Hermannswerder bei Potsdam(36). In der schriftlichen Todesanzeige wurde sie unter dem Namen Valeska erfasst(37), der handschriftlich gestrichen und durch Wally ersetzt wurde. Valeska Erdmann wurde am 15. Oktober 1962 auf dem Neuen Friedhof in Deetz beigesetzt. Da weder der Ehe mit Gustav Erdmann, noch der Ehe mit Walter Kalt Kinder entsprangen, dürfte das Grab mittlerweile aufgehoben sein. Walter Kalt heiratete später noch einmal und verstarb am 12. Juni 1981 ebenfalls in Deetz.

Mein herzlicher Dank gilt: Johannes Determann (Stadtarchiv Potsdam), Deutsches Literaturarchiv Marbach, Holger Hof (Universität Würzburg), Dieter Kalt (Hamburg), Linda Lenecke (Bürgerdienste Dortmund), Volker Pirsich, Thomas Pruschwitz (Berlin), Chris Rappaport (Heimatverein Deetz e.V.), Susanne Seeger (Stadtarchiv Dortmund), Marc-André Schnober (Historisches Archiv der Stadt Köln), Roman Zieglgänsberger (Vordemberge-Gildewart Archiv im Museum Wiesbaden).

Fredy Bünter – Stand 28. Januar 2025

Anmerkungen:

  1. Geburtsregister Berlin III, 1902, Eintrag 421 ↩︎
  2. Berliner Adressbücher, 1799-1970, Landesbibliothek digital Berlin ↩︎
  3. Gästebuch Nell und Herwarth Walden in der Staatsbibliothek zu Berlin, Hdschr. 119. ↩︎
  4. In: Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung. Morgen-Ausgabe. 22.2.1920, S. 23. ↩︎
  5. In: Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung. Morgen-Ausgabe. 19.9.1920, S. 24. ↩︎
  6. Katherine S. Dreier Papers / Société Anonyme Archive. Yale Collection of American Literature, Beinecke Rare Book and Manuscript Library, Yale University. ↩︎
  7. Gemäss dem Hausstandsbuch der Stiftstrasse 1½ im Stadtarchiv Dortmund. ↩︎
  8. Dortmunder Zeitung 28.8.1921. Nr. 400, S. 8 ↩︎
  9. Dortmunder Zeitung 25.9.1921. Nr. 447, S. 8 ↩︎
  10. Trauregister Dortmund-Innenstadt II, 1922, Eintrag 28 ↩︎
  11. Sturm-Postkarte vom Verlag Der Sturm an Sascha Wiederhold bezüglich der Wiederhold-Ausstellung in der Sturm-Galerie. Berlinische Galerie, BG-Ar 3/82,08. ↩︎
  12. Zitiert in: Eine Künstlerfreundschaft: Der Briefwechsel zwischen Fritz Stuckenberg und Paul van Ostaijen 1919-1927. Oldenburg: Holzberg Verlag, 1992, S. 158. ↩︎
  13. Die Ausstellung fand vom 19. November 1926 bis zum 1. Januar 1927 im Brooklyn Museum statt. Der „Sturm“ verlieh für diese Ausstellung zahlreiche Werke an die Société Anonyme. ↩︎
  14. Valeska Erdmann an Katherine S. Dreier, 4.4.1927. Der Brief befindet in den Katherine S. Dreier Papers / Société Anonyme Archive. Yale Collection of American Literature, Beinecke Rare Book and Manuscript Library, Yale University. ↩︎
  15. Siehe https://sturm-baukasten.de/mitarbeiterinnen/weinwurzel-eva/ ↩︎
  16. Herwarth Walden an Eva Weinwurzel, 18.8.1929. Der Brief findet sich im Literaturarchiv Marbach unter der Signatur: Walden, Herwarth, 67.1962,4 ↩︎
  17. Valeska Erdmann an Eva Weinwurzel, 10.9.1929. Der Brief findet sich im Literaturarchiv Marbach unter der Signatur: Walden, Herwarth, 67.1967,1 ↩︎
  18. Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung. Morgen-Ausgabe. Sonntag, 18.11.1928, S. 57. ↩︎
  19. Valeska Erdmann an Eva Weinwurzel, 10.9.1929. Der Brief findet sich im Literaturarchiv Marbach unter der Signatur: Walden, Herwarth, 67.1967,1 ↩︎
  20. Valeska Erdmann an Eva Spector, 13.11.1930. Der Brief findet sich im Literaturarchiv Marbach unter der Signatur: Walden, Herwarth, 67.1967,2 ↩︎
  21. Herwarth Walden an Eva Spector, 20.8.1930. Der Brief findet sich im Literaturarchiv Marbach unter der Signatur: Walden, Herwarth, 67.1963 ↩︎
  22. Valeska Erdmann an Eva Weinwurzel, 13.11.1930. Der Brief findet sich im Literaturarchiv Marbach unter der Signatur: Walden, Herwarth, 67.1967,3 ↩︎
  23. Valeska Erdmann an Eva Weinwurzel, 13.11.1930. Der Brief findet sich im Literaturarchiv Marbach unter der Signatur: Walden, Herwarth, 67.1967,3 ↩︎
  24. Heiratsregister Berlin V A, 1931, Eintrag Nr. 102 ↩︎
  25. Zitiert nach Weber Henking, Irene, et al. Translation und Exil (1933-1945) II: Netzwerke des Übersetzens. Berlin: Frank & Timme, 2023, s. 359. ↩︎
  26. Herwarth Walden an Eva Weinwurzel, 20.8.1930. Der Brief findet sich im Literaturarchiv Marbach unter der Signatur: Walden, Herwarth, 67.1965,1 ↩︎
  27. Es findet sich in den Beständen des Bundesarchivs in Berlin sowohl in den Beständen der NSDAP-Gaukartei (R 9361-IX Kartei/ 19100560) und der NSDAP-Zentralkartei (R 9361-VIII Kartei/ 14481674) jeweils ein Eintrag zu Valeska Erdmann. ↩︎
  28. 1947 siedelte er, gemäß Angaben aus dem historischen Archiv in Köln, von dort kommend nach Köln über. ↩︎
  29. Dies ist durch erhaltene Schriftstücke der U.N.S. unter anderem im Bundesarchiv in Berlin belegt. ↩︎
  30. Benn, Gottfried, et al. Gottfried Benn, Egmont Seyerlen: Briefwechsel, 1914-1956. Stuttgart: Klett-Cotta, 1993, S. 16. ↩︎
  31. Auskunft des Benn-Biografen Dr. Holger Hof. ↩︎
  32. Kürschners Deutscher Literatur-Kalender. 48. Jahrgang, 1937/1938. 1937, S. 239. ↩︎
  33. Quelle: Berliner Adressbuch 1937, S. 1457 Teil IV ↩︎
  34. Heiratsregister, Berlin Tiergarten, 1938, Eintrag Nr. 227 ↩︎
  35. Amerikanische Interniertenkartei, Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, EL 904/2 ↩︎
  36. Sterbebuch Potsdam, 1962 Eintrag 1038 ↩︎
  37. Schriftliche Todesanzeige des Bezirkskrankenhaus Potsdam, Abt. Hermannswerder, vom 12.10.1962 ↩︎

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